Norbert Klaus

Südwestpresse – Ehingen, 29. August 2017

Zufall und Ordnung

Mit Claudia Tebben und Norbert Klaus treten in der städtischen Galerie zwei Künstler in Dialog, deren Arbeiten von der Natur bestimmt sind, wenn auch in ganz unterschiedlicher Weise. Der Weidacher Künstler lässt aus Reisig faszinierende Skulpturen entstehen. Würfel, Kugeln, Bögen und Säulen: Norbert Klaus ordnet die Natur nach streng geometrischen Formen. Nähert man sich den Kunstobjekten, sieht man die filigrane, feinteilige Schönheit der Skulpturen und gleichzeitig die Stärke des Materials.

Von Julia Deresko

Natur trifft Geometrie
Allem voran gehe eine Zeichnung, sagt Klaus, der zunächst viele Jahre lang informelle Naturzeichnungen gemacht hat. Wenn die Arbeit mit dem Reisig beginnt, ist Konzentration gefragt. Nach und nach wird das Objekt verdichtet. Immer wieder werden neue Reisigzweige gesteckt und zugeschnitten. Ob Formen stimmen, sieht der Künstler erst gegen Ende des Schaffensprozesses, wenn eine Papierschablone angelegt wird, um die geometrischen Proportionen zu prüfen. Gibt es eine auch nur geringe Abweichung, muss nachgebessert werden. In seinem Atelier hat der Künstler Unmengen von Reisig liegen, geordnet nach Formen Stärken und Farbtönen.

Ein halbes Dutzend Objekte hat Norbert Klaus immer in Arbeit. So kann ein halbes oder ein Dreivierteljahr vergehen, bis ein Kunstwerk aus Reisig fertig ist. Für seinen Schaffensprozess braucht er übrigens seine Musik. Während Free-Jazz das Atelier flutet, wird widerborstige Natur geordnet. Klaus: „Für mich war es logisch, eine Strenge dagegen zu setzten, zu der Unruhe, die im Reisig steckt.“ Die Interpretation überlässt der Künstler lieber dem Betrachter. Nur so viel sei gesagt: „Ich versuche durch Reisig und Holz Spannung aufzubauen.“

Die künstlerische Bedeutung seines Werks liege darin, dass Norbert Klaus ein alltägliches Material und eine alltägliche Tätigkeit in eine perfekt ausbalancierte Ästhetik verwandelt und so die Ausdrucksformen von künstlerischen Strömungen wie Arte Povera oder Minimalismus erweitert hat, so formuliert es Volker Sonntag, der die Ausstellung mit Anne Linder kuratiert. Als Künstler will sich der ehemalige Gerhauser Grundschullehrer übrigens gar nicht bezeichnet wissen. „Ich versuche einfach was Schönes zu machen.“

Landschaft in Bewegung
Die Bilder von Claudia Tebben sind voller Ausdruck und Dynamik. Die Gelsenkirchener Künstlerin bringt die Farben expressiv und spontan, unter Einsatz des ganzen Körpers auf die Leinwand. Und auch ihre Kunst bestimmt die Natur. „Das oberflächliche Chaos ihrer Gemälde ist nur scheinbar“, sagt Volker Sonntag. Denn assoziativ entsteht im Auge des Betrachters eine Landschaft – eine Absicht der Künstlerin. „Es sind Landschaften in ständiger Bewegung.“ Der informellen Struktur liegt eine intensive Beobachtung der Natur zu Grunde.

Beide Künstler beschäftigen sich also mit der Natur und ihren Gegensätzen. Als die Anfrage von Anne Linder und Volker Sonntag kam, sei es für Norbert Klaus eine freudige Überraschung gewesen: Denn schon vor Jahren hatte der Künstler zwei Bilder von Claudia Tebben erstanden, ohne die Künstlerin selbst zu kennen. Der Zufall führt nun dazu, dass die beiden gemeinsam eine Doppelausstellung unter dem Titel „Zwischen Zufall und Ordnung“ machen.

Info Die Doppelausstellung wird am Sonntag, 3. September, um 11 Uhr in der Städtischen Galerie in Ehingen eröffnet und ist bis zum 29. Oktober zu sehen.